Projekt für die Berufsakademie Heidenheim. Erläuterungstext


Für die künstlerische Gestaltung der Berufsakademie Heidenheim schlagen wir eine Bodenarbeit mit Schrift vor. Der Entwurf umfaßt beide genannten Standorte.

Inspiriert von der „Idee“ der Akademie, deren Ursprung auf Platon und seine Gründung der ersten Akademie in Athen im Jahre 385 v. Chr. zurückgeht, zitieren wir Textpassagen aus Platons Dialog Menon. Es handelt sich hier um einen Dialog zwischen dem Philosophen Sokrates und seinem Schüler Menon. Die Sätze regen zu Reflexionen über Erkenntnis, Mathematik und Geometrie, ferner über das Verhältnis von Gestalt und Farbe und nicht zuletzt über Fragen der Lehre an.

Somit wird ein Bogen geschlagen von der Antike in die Gegenwart und die Idee der Akademie in die heutige Zeit weitergetragen.


Material / Form / Gestaltung

Platons Textfragmente werden umgesetzt in drei sich kreuzende Achsen (zwei in Süd-Nord-Richtung zum Haupteingang des Akademiegebäudes und eine in West-Ost-Richtung) aus Metallbuchstaben, die wie eine Intarsie im Erdgeschoß des Gebäudes und auf der Freifläche vor dem Gebäude flächenbündig in die Werksteinplatten eingelassen sind. Der Kreuzungspunkt befindet sich im Zentrum der Eingangshalle.

Der Besucher wird von Platons Sätzen in das Haus geleitet. Da die Wahrnehmung durch die Architektur immer wieder unterbrochen wird, wird der Text selbst zum Fragment, da er immer nur fragmentarisch gelesen und erkannt werden kann. Die Akademie wird als Ort des Geistes, des Lernens und des Dialogs thematisiert. Darüber hinaus ermöglicht die Arbeit eine Auseinandersetzung mit den spezifischen Gegebenheiten des Ortes.



Die Textfragmente aus: Platon, Menon

SOKRATES: Ohne daß ihn also Jemand lehrt sondern nur ausfragt wird er wissen, und wird die Erkenntnis nur aus sich selbst hervorgeholt haben. MENON: Ja. SOKRATES: Dieses nun, selbst aus sich eine Erkenntnis hervorholen, heißt das nicht sich erinnern? MENON: Allerdings.

SOKRATES: Siehst du wohl, Menon, wie ich diesen nichts lehre, sondern alles nur frage? Und jetzt glaubt er zu wissen, wie groß die Seite ist, aus der das achtfüßige Quadrat entstehn wird. Oder denkst du nicht, daß er es glaubt? MENON: Allerdings. SOKRATES: Weiß er es aber wohl? MENON: Wohl nicht. SOKRATES: Er glaubt aber doch, es entstehe aus der doppelten? MENON: Ja.

SOKRATES: Wohlan denn, ich will versuchen dir zu sagen, was Gestalt ist. Sieh also zu, ob du annimmst sie sei dieses. Dasjenige nämlich soll uns Gestalt sein, was allein unter allen Dingen überall die Farbe begleitet. Genügt es dir, oder begehrst du es noch anders? Denn ich meines Teils wollte mich schon begnügen, wenn du mir auch nur so die Tugend erklärtest. MENON: Allein dies ist doch sehr einfältig, o Sokrates. SOKRATES: Wie meinst du? MENON: Daß dasjenige Gestalt ist nach deiner Erklärung, was überall der Farbe folgt. SOKRATES: Gut. MENON: Wenn nun einer leugnete zu wissen was Farbe ist, sondern darüber eben so im ungewissen wäre wie über die Gestalt, was meinst du dann geantwortet zu haben?

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